Gamswild

Einzelne GamsZoombild vorhanden

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Gämse, Gemse, Gams, Gamswild, Krickelwild?

Eigentlich alles das Gleiche! Die Gämse mit dem wissenschaftlichen Artnamen Rupicapra rupicapra hieß bis zur Rechtschreibreform 1996 Gemse. Die Jäger sprechen auch von Gams, Gamswild oder Krickelwild. Die Gämsen sind ziegenverwandte Hornträger (Boviden). Sie sind im Alpenraum und weiteren europäischen Hoch- und Mittelgebirgen verbreitet. Bayern ist das Bundesland mit dem größten deutschen Vorkommen. Die meisten Bergwanderer dürften ihnen schon einmal begegnet sein, da sie überwiegend tagaktiv sind und die Umgebung von guten Aussichtspunkten aus nach Gefahren absuchen.

Gämsen verfügen über ein überaus reichhaltiges mimisches Repertoire.

Gämsen leben nicht nur oberhalb der Baumgrenze, sondern auch im Wald.

Im Schutzwald der Bayerischen Alpen hat die unbeeinträchtigte Vegetationsentwicklung oberste Priorität.

Beide Geschlechter des Gamswildes tragen Hörner, keine Geweihe.

Die Gamsbejagung im Gebirge stellt hohe körperliche Anforderungen an den Jäger.

An den Lebensraum im Gebirge sind Gämsen hervorragend angepasst.

Forschungsprojekt zum genetischen Zustand der Gamsvorkommen in Bayern

Gams auf Wiese stehend mit Wolken im Hintergrund

Die Gams ist eine der Charakterarten des bayerischen Alpenraums. Mit dem Forschungsprojekt „Erhebung der räumlichen Differenzierung, der Konnektivität und des genetischen Zustands der lokalen Gamsvorkommen im Bayerischen Alpenraum“ wird ab 2021 erstmals eine flächendeckende genetische Untersuchung der Gamsvorkommen in Bayern erfolgen.

Erscheinungsbild

Gams mit Kitz auf Felsen

Chamoisfarbene Chamois
Die französische Bezeichnung für Gämse ist Chamois. Tatsächlich sind Gämsen in den Sommermonaten chamoisfarben, also gelbbraun gefärbt. Nur der schwarze Aalstrich entlang der Rückenlinie setzt sich im Sommerfell deutlich ab. Im Winter ist die Fellfärbung überwiegend schwarz mit einem fahl-braunen Unterton.

Im Kopfbereich ist die schwarz-weiße Fellzeichnung typisch. Ein dunkler Streif, "Zügel" genannt, zieht sich von der Nase über die Augen bis zu den Ohren. Deutlich davon abgesetzt sind die weißlich gefärbte Kehle und Stirn. Mit zunehmendem Alter der Gams verwischt diese kontrastreiche Gesichtszeichnung, die in ihrer Gesamtheit auch als "Maske" bezeichnet wird.

Das Winterfell der Gamsböcke ist durch besonders lange Rückenhaare gekennzeichnet. Sie sind bis zu 20 Zentimeter lang und können imponierend oder drohend aufgerichtet werden. Der Gamsbock wirkt dadurch in der Silhouette größer. So kann er gegenüber Artgenossen seinen Rang demonstrieren.

Das "Who's who" des Gamswildes

Mehrere Gams vor Gebirgslandschaft

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Eine Gams im Fellwechsel.

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Gamsbock

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Gamsrudel in der Wand

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Fußspuren von Gamswild

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Der Gamsbock, die männliche erwachsene Gämse, ist immer stärker und massiger als die Gamsgeiß. Die Größenunterschiede sind allerdings gering und in der freien Natur nicht leicht zu erkennen. Die Jungen im ersten Lebensjahr werden Kitze genannt, im zweiten Lebensjahr spricht man von Jährlingen.

Gehörnte Bergbewohner

GamsbockZoombild vorhanden

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Das Gamswild trägt im Gegensatz zu Reh- oder Rotwild kein Geweih aus Knochensubstanz, sondern schwarze Hörner. Diese sind, ähnlich wie unsere Fingernägel oder Haare, aus Hornsubstanz aufgebaut und werden unter Jägern auch als Krucken bezeichnet. Die Hörner sind nach hinten gebogen ("gehakelt"). Die Hakelung ist bei den Böcken stärker ausgeprägt als bei den Geißen.

Im Gegensatz zu einem Geweih verzweigen sich die Hörner nicht, werden nie abgeworfen und wachsen zeitlebens. Die hohlen Hörner werden von senkrecht auf dem Schädeldach sitzenden Knochenzapfen gebildet. Im Winter wird das Wachstum der Hörner unterbrochen, im Frühjahr bildet die Wachstumsschicht des Knochenzapfens von der Basis her einen neuen Hornabschnitt aus. So werden an den einzelnen Hörnern Wachstumsabschnitte erkennbar, weil die älteren Hornschichten nach "oben geschoben" werden. Der älteste Hornabschnitt liegt somit an der Spitze.

Wissenswertes auf einen Blick

  • Wissenschaftlicher Name: Rupicapra rupicapra
  • Gewicht: bis 40 kg
  • Größe: Schulterhöhe bis 80 cm, Kopf-Rumpf-Länge 120-140 cm
  • Geschlechterunterschied: schwer zu unterscheiden
  • Alter: bis 20 Jahre
  • Anzahl der Jungen: i.d.R. 1 Kitz

Meckern, Blädern, Pfeifen

Gamsrudel läuft Berg hinab

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Der normale Kontaktlaut vor allem zwischen der Gamsgeiß und ihrem Kitz ist ein ziegenartiges Meckern. In der Brunft ist von den Böcken ein verstärkter Meckerlaut zu hören, das sogenannte "Blädern". Und jeder Wanderer im Gebirge hat schon einmal den scharfen "Pfiff" der Gämsen gehört. Dieser Warnpfiff entsteht, wenn Luft mit hoher Geschwindigkeit durch die Nase ausgestoßen wird.
Hören Sie hier das Meckern der Gams.

Autor: Tembrock, Günter / Tierstimmenarchiv Berlin

Gamswild in Bayern

Jagdstrecke

Die Alpen sind für die Gämsen der wichtigste Lebensraum in Deutschland. Es ist also kein Wunder, dass wir in Bayern, was den Gamswildbestand anbelangt, die Nase klar vorn haben. Die Abschusshöhe ist von Jahr zu Jahr unterschiedlich und zeigt in etwa 5-10 jährigen Intervallen Hochs und Tiefs.
Solche Populationsschwankungen ergeben sich im Gebirgslebensraum aber auch unabhängig vom menschlichen Eingreifen aufgrund der dort vorherrschenden extremen Lebensbedingungen (hohe Schneelagen, Lawinen oder nasskaltes Wetter während der Setzzeit etc.).
Wertet man die Streckendaten als einen Weiser für den Populationsstatus in einer längeren Zeitreihe, so ist davon auszugehen, dass das bayerische Gamswild in den arttypischen Lebensräumen in ausreichender Anzahl vorkommt.
Wir stellen Ihnen hier die Jagdstreckendaten seit 1985 zur Verfügung. Machen Sie sich selbst ein Bild.

Streckendaten Gamswild in Bayern und nach Regierungsbezirken seit 1985 pdf 236 KB

Gamswildstrecke in Bayern seit 1986 bis 2021

Gesamtstrecke Gamswild seit 1986 (© StMELF)

Bild in Originalgröße

Gamswildstrecke in Bayern nach Klassen seit 1986 bis 2021

Gesamtstrecke Gamswild seit 1986, nach Klassen (© StMELF)

Bild in Originalgröße

Herkunft und Verbreitung

Gämsenartige Verwandte in Nordamerika und Südostasien

Gamsrudel in der WandZoombild vorhanden

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Innerhalb der Familie der Hornträger (Bovidae) gehören Gämsen zur Unterfamilie der Ziegenartigen (Caprinae). Sie sind eng mit der nordamerikanischen Schneeziege (Oreamnos americanus) sowie dem Serau (Capricornis sumatrensis) und dem Goral (Nemorhaedus goral), beide in Südostasien beheimatet, verwandt. In dieser Gruppe der „Gämsenartigen“ (Rupicaprini) haben alle Arten trotz ihres sehr unterschiedlichen Aussehens ein gemeinsames körperliches Merkmal. Sie besitzen hinter den Hörnern ein Drüsenpaar.

Lebensraum und Lebensweise

Typischer Lebensraum an und oberhalb der Baumgrenze

Mehrere Gams vor GebirgslandschaftZoombild vorhanden

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Nahrung findet Gamswild auf offenen Almen oder Matten, die ihnen auch eine freie Sicht auf potenzielle Bedrohungen erlauben. Erspähen Gämsen eine vermeintliche Gefahrenquelle, ziehen sie sich gerne in mit Grünerlen oder Latschen bestockte Bereiche zurück.
Die Lebensraumnutzung im Jahresverlauf wird darüber hinaus von einer Vielzahl weiterer Faktoren bestimmt. Die Exposition und Steilheit des Geländes spielen dabei eine große Rolle. Im Sommer werden kühlere Nordhänge, im Winter steilere südexponierte Lagen bevorzugt. Auf steilen Südhängen rutscht der Schnee ab oder schmilzt früher, sodass die Gämsen dort Nahrung finden.

Wie passen sich unsere Wildtiere an den Winter an?

GamswildWinterdeckePixabayZoombild vorhanden

Gamswild mit Winterdecke (© Pixabay)

Unsere Wildarten haben verschiedene Strategien entwickelt, um im Winter mit wenig Nahrung und kalten Temperaturen auszukommen. Ihre Taktik: der Energiesparmodus.

Mehr

Ernährung

äsende GamsZoombild vorhanden

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Das Leben im Gebirge ist hart. Gesunde Gämsen überleben den schneereichen Winter trotzdem, ohne dass man sie füttern müsste. Sie sind auch was ihre Ernährung anbelangt sehr gut angepasst. Im Sommer und Herbst, wenn das Nahrungsangebot groß ist, fressen sie sich eine Fettschicht an, die ihnen, neben der etwas kargeren Winternahrung, bis ins Frühjahr hinein reicht, sofern sie nicht allzu häufig in ihren Wintereinständen gestört werden.

Gämsenmenü

Der Wintervorrat an Energie kann bei anhaltenden Störungen, z.B. durch Skifahrer, die abseits von ausgewiesenen Pisten abfahren und dabei die Gämsen zu kräftezehrenden Fluchten veranlassen, schnell aufgebraucht sein. Denn neben den gespeicherten Fettvorräten müssen Gämsen im Winter mit trockenem Gras, Flechten, Beersträuchern, Moos und Zweigen auskommen.
Gerade durch Verbiss von jungen Bäumen kann es im Wald, insbesondere in flachgründigen und südexponierten Bereichen, zu Schäden kommen. Auf dem mehr als 300 Pflanzenarten umfassenden Speiseplan des Gamswildes stehen nämlich so manche Baumarten, die für einen artenreichen und stabilen Bergwald bedeutsam sind: Weißtanne, Esche, Eibe, Bergahorn, Rotbuche, Vogelbeere, Lärche, Fichte und einige Weitere.
Im Frühjahr und Sommer fressen Gämsen vornehmlich Kräuter, hochwertige Gräser, aber auch frische Knospen. Solche Nahrung finden sie nicht nur innerhalb des Waldes, sondern insbesondere außerhalb auf den Almwiesen und Matten, weshalb sie auch von der Almwirtschaft im Gebirge profitieren. Gämsen sind also keine reinen Grasfresser und auch keine "Konzentratselektierer" wie das Rehwild, sondern werden von den Ernährungsphysiologen zwischen den genannten Wiederkäuer-Ernährungstypen eingeordnet ("intermediär").
Wie auch immer wissenschaftliche Ernährungsspezialisten die Gämsen "einordnen", wer sich rein vegetarisch von gesunden Alpenkräutern ernährt, ist auch selbst äußerst schmackhaft. Haben Sie schon mal Gamswildbret probiert?

Aktivitäten im Jahresverlauf

Brunft im Schnee

Gämsen verfügen über ein reichhaltiges Repertoire an Mimik und Gestik. Dies zeigt sich nicht zuletzt in der Brunft, wenn Böcke imponieren, indem sie sich durch Aufstellen ihres Gamsbartes größer machen. Die Brunftzeit der Gämsen liegt im November und Dezember. Da zu dieser Zeit im Gebirge meist bereits der Winter Einzug gehalten hat, ist die Brunft, insbesondere für die Böcke, häufig sehr strapaziös. Aber nicht jeder darf teilnehmen. Man muss auch alt genug sein.
In der folgenden Übersicht haben wir wichtige Daten über die Fortpflanzung des Gamswildes zusammengestellt. So können Sie sich einen schnellen Überblick verschaffen.

Liniendiagramm der Aktivitäten der Gams im Jahresverlauf

Geschlechtsreife ist Voraussetzung für erfolgreiche Paarung

Die Gämsen werden in den Alpen im zweiten oder auch erst im dritten Lebensjahr geschlechtsreif. Nach einer Tragzeit von etwa sechs Monaten wird im Mai oder Anfang Juni ein Kitz gesetzt. Kurz vor der Geburt sondern sich die trächtigen Geißen vom Rudel ab und vertreiben ihr vorjähriges Junges. Schon etwa zwanzig Minuten nach der Geburt kann das Kitz bereits stehen und ein bis zwei Stunden später seiner Mutter auch in schwierigem Gelände folgen. Nach der Geburt schließt sich die Geiß mit ihrem Kitz wieder im Rudel mit anderen Geißen, deren Kitzen und den Jährlingen zusammen. Die Kitze werden etwa sechs Monate lang gesäugt und bleiben bis zur Geburt des nächsten Kitzes bei der Geiß.

Jägersprache

Für die Gämsen haben sich unter den Jägern folgende Begriffe etabliert:

  • Zügel: schwarzer Gesichtsstreifen
  • Gamsbart: Lange Haare entlang der Rückenlinie
  • Reif: helle Spitzen der Barthaare
  • Scharwild: Gamswildrudel aus Geißen und Jungwild (auch "Geraffel")
  • Krucken (auch Krickel): Stirnwaffen beider Geschlechter; Hornschläuche (Hörner), die auf den knöchernen Stirnbeinauswüchsen aufsitzen
  • Brunftfeigen: Duftdrüsen hinter der Krucke, schwellen in der Brunft an
  • Pinsel: lange pinselartig angeordnete Haare an der Vorhaut des Penis
  • Hakeln: mit der Krucke schlagen, kämpfen
  • Haberl: Pause zur Orientierung während der Flucht
  • Kohlgams: Gams mit einfarbig schwarzer Fellfarbabweichung (Melanismus)
  • Gamsriegler: Form der Gesellschaftsjagd im Gebirge auf Gamswild vergleichbar mit einer Drückjagd

Jagd und Management

Zuwachsrate

gams bart grauZoombild vorhanden

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Starke Bestandsschwankungen sind bei Gämsenpopulationen normal. Besonders strenge Winter können die Dynamik beeinflussen. Immer wieder wird daher in Fachkreisen intensiv über Zuwachsprozente diskutiert.
Aber klar ist auch: Innerhalb weniger Jahre können Gämsen durch harte Winter und damit verbunden Nahrungsmangel, Fressfeinde oder Krankheiten bedingte Populationsverluste kompensieren.
Bejagt werden darf das Gamswild in Bayern vom 01. August bis zum 15. Dezember.

Ausgewogene Bejagung sichert Gamswildbestand und Bergwald

Rot-, Gams- und Rehwild sind die für den Bayerischen Alpenraum charakteristischen Schalenwildarten. Sie stehen in komplexen Wechselbeziehungen mit ihrem Lebensraum und spielen daher beim Erhalt der Multifunktionalität des Ökosystems Bergwald eine entscheidende Rolle.
Vor diesem Hintergrund hat die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) in Kooperation mit den Bayerischen Staatsforsten (BaySF) und unter Einbindung externer Experten ein Forschungskonzept ausgearbeitet.

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