Human Dimensions im Wildtiermanagement

drei Menschen unterhalten sich über eine Karte im Wald
Das Wildschwein per se ist kein "Problemtier". Diese Wahrnehmung wäre falsch. Richtig ist aber, dass Wildschweine in unserer Kulturlandschaft "Probleme verursachen", insbesondere dann, wenn sie in hoher Dichte vorkommen.
Zur Lösung der bestehenden und Verhinderung weiterer Schwarzwildprobleme müssen sich vor allem die am Management beteiligten Menschen "zusammenraufen". Und genau hier liegt im Wildtiermanagement häufig der Knackpunkt.
Wie bekommt man alle Beteiligten an einen Tisch? Wie schafft man es, dass sie sich auf bestimmte Ziele einigen? Wie motiviert man sie, sich auch langfristig zu engagieren? Wie setzt man gemeinsam bestimmte Maßnahmen um?

Bei der Umsetzung von Managementmaßnahmen kommt es auf die beteiligten Menschen an

Etwa zu Beginn der 1970er Jahre entwickelte sich in Nordamerika hierfür ein eigenes Arbeitsfeld. Man versuchte, Einstellung und das Verhalten der Menschen gegenüber Wildtieren bei Planung und Umsetzung von Maßnahmen im Bereich des Wildtiermanagements besser zu verstehen und zu berücksichtigen (Decker et. al., 2012).
Wie schätzen Menschen Wildtiere wert, managen und beeinflussen sie, bzw. wie werden die Menschen selbst von Wildtieren und Managemententscheidungen beeinflusst. Genau solche Fragestellungen umschreiben im englischen Sprachraum die "Human Dimensions of Wildlife Management", also die "menschlichen Dimensionen im Wildtiermanagement".
Die "Human Dimensions" sind ein sehr herausforderndes Arbeitsfeld des Wildtiermanagements. Dabei geht es um ökonomische und soziale Werteorientierungen, individuelles und soziales Verhalten, gesellschaftliche Beteiligung bei Managemententscheidungen, Kommunikation, Moderations-, Mediationstechniken usw.
Kurzum: Bei der Umsetzung von Managementmaßnahmen kommt es auf die beteiligten Menschen an.

"Human Dimensions" im Schwarzwildmanagement

eine Gruppe Menschen steht auf einer Wiese in einer Runde zusammenZoombild vorhanden

© Janko, C.

Das ist auch im Schwarzwildmanagement nicht anders. Schwierigkeiten ergeben sich aber oft schon bei der Zusammenführung der Beteiligten. Die häufig als wichtig betonte Solidarität der Akteure vor Ort funktioniert in vielen Fällen nur eingeschränkt, weil sich einzelne Akteure bei der Bearbeitung der Schwarzwildthematik nicht ernst genommen fühlen, ihnen die Zusammenarbeit unwichtig erscheint oder sie erst gar nicht mit eingebunden werden, wenn es um die Erarbeitung von Lösungen geht.
Vielerorts sind Schwarzwildarbeitsgemeinschaften (Schwarzwildringe o. ä.), die sich um eine Verbesserung der Situation bemühen, ausschließlich Initiativen der Jägerschaft. Dadurch entsteht das Problem, dass wichtige regionale Akteure insbesondere aus dem Bereich der Land- und Forstwirtschaft (Landwirte, Jagdgenossen, BaySF, Privatwaldbesitzer) sowie die Vertreter der Behörden (Jagdbehörden, Veterinär-, Landwirtschafts- und Forstbehörden) nicht adäquat eingebunden sind.
Sofern es dabei ein Miteinander der Beteiligten gibt, kommt es zum Teil nicht zu gleichberechtigten Begegnungen auf Augenhöhe, wenn es um die Definition von Zielen und Maßnahmen geht. Nicht selten sind Wissensdefizite in bestimmten Themenfeldern dafür verantwortlich.
Das vielbeschworene "Nur miteinander kommen wir weiter" ist gar nicht so einfach umzusetzen.

Engagement der Beteiligten vor Ort ist entscheidend

Frischling im SchneeZoombild vorhanden

© Janko, C.

Wie Beteiligte im Schwarzwildmanagement zu einem an der Sache orientierten "Mit und Füreinander" kommen können, zeigt die innovative Herangehensweise im Projekt "Brennpunkt Schwarzwild". In verschiedenen Modellgebieten entwickelten die Beteiligten vor Ort selbst, ohne übergestülpte Aktivitäten oder Empfehlungen, im Rahmen von partizipativen und durchgehend transparenten Bottom-up-Prozessen eigene Zielvorstellungen und konkrete Maßnahmen, um das regionale Schwarzwildmanagement zu verbessern.
Angeleitet und unterstützt wurden sie dabei durch eine intensive externe Moderation und Mediation. Die in den Regionen gestarteten Aushandlungsprozesse waren durch Prozessorientiertheit, Ergebnisoffenheit und Transparenz charakterisiert. Das schafft Vertrauen und ist die Basis für die Umsetzung von Maßnahmen.
Doch die besten theoretischen Beschreibungen taugen wenig, wenn man das Schwarzwildmanagement vor Ort nicht selbst in die Hand nimmt. Aber: Alle wirklich gemeinsam und auf Augenhöhe, denn Schwarzwildmanagement ist eine Daueraufgabe.

Projektbericht "Brennpunkt Schwarzwild" (LWF) Externer Link

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