Knochensubstanz auf dem Kopf

Wie beim Reh-, Elch-, Dam- und Sikawild, tragen nur die männlichen Tiere ein Geweih aus Knochensubstanz auf dem Schädel. Im Vergleich zu den anderen bei uns vorkommenden Hirschartigen ist dieses Geweih beim Rothirsch aber deutlich größer und viel stärker verzweigt.

Der Geweihzyklus wird hormonell gesteuert. Die Hormonausschüttung wird durch das Licht-/Dunkelverhältnis (Tag-Nacht-Gleiche als Zeitgeber) ausgelöst.
Das Geweih wird jährlich zwischen Februar und April abgeworfen. Wenige Tage nach dem Abwerfen beginnt die Neubildung. In der Wachstumsphase sind die "Geweihkolben" von einer behaarten Haut, dem sog. Bast, überzogen. Im Bast verlaufen Blutgefäße, in denen alles, was zum Aufbau des neuen Geweihs notwendig ist, in die Kolbenspitzen transportiert wird.
Das Wachstum dauert etwa 110 Tage. Gegen Ende der Geweihbildung wird in den knorpeligen, relativ weichen Bastkolben Kalk eingelagert. Dadurch verfestigen sich die beiden Geweihstangen. Die Basthaut trocknet aus und wird an Ästen oder Sträuchern abgefegt. Und fertig ist der neue "Knochen" auf dem Kopf.

1. Kopf, 2. Kopf, 10. Kopf oder ungerader Zwölfender?

Schon beim männlichen Kalb, dem Hirschkalb, erkennt man am Ende des Winters bastüberzogene kleine Kolben (Knöpfe). Diese entwickeln sich bis in den September hinein zu Spießen (Geweihstangen ohne Verzweigungen). Da der junge, dann etwa anderthalbjährige Hirsch erstmals "etwas auf dem Kopf hat", spricht der Jäger auch von einem Hirsch vom 1. Kopf. Diese Spieße werden im September verfegt und im darauffolgenden Frühjahr, etwa im April, abgeworfen. An dem Spießergeweih eines Hirsches vom 1. Kopf sind keine "Rosen" (Knochenkranz an der Basis einer Geweihstange) erkennbar, sondern nur leichte Verdickungen am unteren Ende.
Spießer seitlich auf einer Wiese

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Basthirsch frontal

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Geweih mit Bastfetzen

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Geweih mit Bastfetzen

© Janko, C.

Geweih mit Bastfetzen

© Janko, C.

Hirsch im Schnee

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drei Hirsche im Schnee, der mittlere hat bereits sein Geweih abgeworfen

© Janko, C.

Auf den sog. Rosenstöcken, kurzen Erhebungen auf der Stirn, bilden sich sofort zwei neue Geweihstangen. In der Regel hat ein Hirsch vom 2. Kopf dann ein Sechsergeweih, d.h. zwei Geweihstangen mit jeweils drei Enden (Sprossen).
Die Sprossen werden je nach Position an der Geweihstange als Aug-, Eis-, oder Mittelsprosse bezeichnet. Sind an den Geweihstangen oben zwei Enden vorhanden, spricht man von einer "Gabel", bei mehr als zwei Enden handelt es sich um eine "Krone".
Die Endenzahl wird auch für die Bezeichnung der Rothirschgeweihe verwendet. Dazu wird die Endenzahl der endenreichsten Geweihstange verdoppelt. Beispielsweise hat ein gerader Zwölfender an jeder Geweihstange 6 Enden, ein ungerader Zwölfender besitzt nur an einer Geweihstange 6 Enden. Allerdings ist der Zwölfender nicht aufgrund der Endenzahl 12 Jahre alt, denn sie sagt nichts über das Lebensalter des Hirsches aus.

Geweihabwurf und "Schieben" des neuen Geweihs

Mit zunehmendem Alter werfen Hirsche ihr Geweih immer früher ab, so dass sie spätestens im August das neue Geweih verfegen und den Kopfschmuck rechtzeitig zur Brunft fertig ausgebildet haben.
Das Geweih wird mit dem Alter immer stärker und endenreicher. Die Geweihform ist weitgehend konstant und genetisch festgelegt. Die Geweihstärke wird von den Umweltbedingungen bestimmt und kann sich von Jahr zu Jahr ändern. Im Alter von acht bis zwölf Jahren ist das Geweih in der Regel am stärksten. Danach "setzt" der Hirsch "zurück", d.h. das Geweih wird schwächer und hat weniger Enden. Deshalb wird ein Hirsch vom 10. Kopf als "reifer" Hirsch angesehen, körperlich ausgewachsen ist er allerdings schon mit etwa fünf Jahren.
Das Geweih wird bei Brunftkämpfen auch als Waffe eingesetzt. Dabei kann der jeweilige Gegner im Brunftkampf sogar tödlich verletzt ("geforkelt") werden.
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