Rehe und Vegetation - ein komplexes Wirkungsgefüge

Rehpopulationen sind innerhalb eines großen Spielraums stabil. Sie unterliegen dynamischen ökologischen Prozessen und passen sich sehr flexibel den jeweiligen Umweltbedingungen an. Verschiedene Faktoren bestimmen die Anzahl der Rehe im jeweiligen Lebensraum (Dichte). In deren Zusammenwirken stellen sich ganz unterschiedliche Populationsgleichgewichte ein.

Verbeißen und Verbiss

Leittriebverbiss an TanneZoombild vorhanden

© Kudernatsch, T.

Ein Wiederkäuer wie das Reh muss Pflanzennahrung fressen, um existieren zu können. Rehe verbeißen daher Pflanzen. Im Verlauf der gemeinsamen Entwicklung von Lebensgemeinschaften haben Rehe bestimmte Pflanzen gefressen, ohne diese auszurotten. Darüber hinaus haben sie mit anderen Pflanzenfressern um Nahrung konkurriert, ohne dass diese Konkurrenten unterlegen wären. Rehe wurden von Fressfeinden gejagt, ohne dass deren oder ihr eigener Fortbestand gefährdet gewesen wäre.
Die Eigenschaften der Rehe passten zu ihrer Umwelt, in der sie sich entwickelt haben. Der Mensch hat in den vergangenen Jahrhunderten diese natürliche Umwelt massiv verändert. Dadurch verschieben sich Gleichgewichte in den Lebensgemeinschaften. Der wirtschaftende Mensch ist also gezwungen einzugreifen. Er versucht die von ihm herbeigeführten Veränderungen der Umwelt ausgleichen.
Die Umweltbedingungen für das Reh haben sich seit Jahren in und außerhalb des Waldes verbessert. Fressfeinde wie Wolf oder Luchs kommen in den meisten Rehwildlebensräumen nicht mehr vor.
Vor allem im bewirtschafteten Wald können Rehe durch das Verbeißen von Pflanzen erhebliche Schäden anrichten. Je nach Intensität des Verbisses kann dies die natürliche Verjüngung des Waldes erschweren oder die Erhaltung bzw. Förderung wertvoller Mischbaumarten (z.B. der Weißtanne) unter Umständen ganz verhindern. Dadurch zwingen sie die Waldbesitzer zu ungünstigen Wäldern oder zu entsprechenden aufwändigen Schutzmaßnahmen gegen den Verbiss. Die wichtigste Managementmaßnahme ist daher die Bejagung des Rehwildes.
Experten beim Begutachten junger Bäume.

Rehe einfach so abschießen?
Da Rehe im Wald nicht zu zählen sind, nutzt man zur Einschätzung der Rehpopulation sogenannte "Weiser". Neben der körperlichen Verfassung der Tiere ist vorrangig der Zustand der Vegetation, insbesondere der Waldverjüngung, zu berücksichtigen.
Auf der Grundlage von Abschussplänen erfolgt die nachhaltige Bewirtschaftung des Rehwildes (und der anderen wiederkäuenden Schalenwildbestände). Dabei sind die gesetzlichen jagd- und forstwirtschaftlichen Zielsetzungen bei der Bewirtschaftung unserer bayerischen Rehwildbestände (und auch aller anderen Wildarten) Ausdruck eines gesellschaftlichen Konsenses.

Unstrittig ist, dass zukunftssichere, an den Klimawandel anpassungsfähige Wälder und insbesondere funktionsfähige, stabile Schutzwälder im Gebirge im Interesse aller Menschen sind.
Die Regulierung des Rehwildes und der anderen wiederkäuenden Schalenwildarten leistet dafür einen entscheidenden Beitrag.

Wald im Klimawandel

In der jüngeren Vergangenheit sind die Wildschäden insbesondere auch im Kontext des Klimawandels von Bedeutung. Aktuelle Prognosen gehen davon aus, dass sich der Klimawandel besonders stark auf die Wuchsgebiete der Baumarten und das Baumartenspektrum in den einzelnen Regionen auswirken wird.
Es gilt daher als dringliche Aufgabe der Forstwirtschaft, die Waldnutzung an den Klimawandel anzupassen und dabei auch den naturschutzfachlichen Anforderungen an die Bewirtschaftung von Wäldern gerecht zu werden. Starker Verbiss kann dieses im gesellschaftlichen Konsens stehende Ziel massiv erschweren bzw. zeitlich verzögern.
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