Forschungsprojekt: Neue Wege zu einem grenzüberschreitenden Rotwildmanagement in Zeiten des Klimawandels
Das Forschungsprojekt untersucht die grenzüberschreitende Rotwildpopulation im Böhmerwald-Ökosystem. Erforscht werden Populationsentwicklung und Raumnutzung der Tiere, auch vor dem Hintergrund verschiedener Klimaszenarien.
Hintergrund des Projekts

Besendertes Rotwild (© Rotwildprojekt)
Die Rotwildpopulation im Grenzgebiet Bayern-Tschechien wächst. Beispielsweise finden die Tiere auf Sukzessionsflächen, die durch Wetterextreme wie den Sturmtiefs Kyrill und Kolle oder durch Borkenkäferbefall entstehen, günstige Nahrungsbedingungen. Diese verbesserte Nahrungsverfügbarkeit kann den Populationszuwachs begünstigen. Die Rotwildpopulation wird ohne nennenswerte Vorkommen großer Beutegreifer nur durch jagdliche Eingriffe reguliert. Derzeit erfolgt die jährliche Abschussplanung von Rotwild im Grenzgebiet Bayern-Tschechien auf Basis der Abschusszahlen der vergangenen Jagdjahre, des Gehölzverbisses und der Schälschäden, sowie Zählungen an Fütterungen und in Wintergattern. Diese Methoden liefern jedoch zunehmend unterschiedliche Ergebnisse. Bisher war die Zählung an Fütterungen und in Wintergattern ein zuverlässiger Index zur Abschätzung eines Populationstrends. Aktuell wird jedoch festgestellt, dass die Tiere während der milden Winter mit geringem Schneefall seltener die Fütterungen und Wintergatter aufsuchen. Dies hat zur Folge, dass sich über Zählungen an Fütterungen und in den Wintergattern die Gesamtpopulation nicht mehr erfassen lässt. Die Validität dieser Zählungen ist somit fraglich. Das Raumnutzungsverhalten hat sich geändert.
Vor diesem Hintergrund müssen zukunftsfähige Konzepte entwickelt werden, die es erlauben, die rotwildbedingten Wildschäden in den um die beiden Nationalparke gelegenen Wirtschaftswäldern auf einem tolerablen Niveau zu halten. Hierzu sollten zunächst belastbare Daten zum Zustand der Rotwildpopulation (Dichte und Struktur) und dem Raumnutzungsverhalten generiert und ausgewertet werden.
Warum ein Forschungsprojekt?

Gemeinsam wird im Nationalpark Šumava die Besenderung von Rotwild geplant. (© Frederik Franke)
An dem Projekt sind die Bayerische Landesanstalt für Wald und Forstwirtschaft (LWF) sowie die beiden Nationalparke Bayerischer Wald und Šumava beteiligt. Außerdem sind die Forstbetriebe Neureichenau (Bayerische Staatsforsten) und Kubany (Tschechische Staatsforsten) assoziierte Projektpartner. Das Projekt wird im Rahmen des Programms zur grenzübergreifenden Zusammenarbeit Freistaat Bayern - Tschechische Republik Ziel ETZ 2014 - 2020 gefördert.
Die Projektziele
- Erprobung und Weiterentwicklung unterschiedlicher Verfahren zur Erfassung des Populationszustandes:
- Größe der Population und Geschlechterverhältnis
- Kondition und Konstitution
- Erfassung und Analyse der aktuellen Raumnutzung der Rotwildpopulation
- Modellierung der Raumnutzung unter Berücksichtigung von Raumnutzungsdaten aus der Vergangenheit und zukünftiger Klimaszenarien
- Ableitung von Empfehlungen für ein zukunftsfähiges Populationsmonitoring
- Aufbau einer zweisprachigen Informations- und Kommunikationsplattform
Die im Rahmen des Projekts erhobenen Daten und Ergebnisse werden so aufbereitet, dass sie von den Akteuren vor Ort als Grundlage für die Neukonzeptionierung eines angepassten Rotwildmanagements herangezogen werden können.
Angewandte Methoden
Kotgenotypisierung

Übersichtskarte: Losungsfunde im Projektgebiet (© Rotwildprojekt)
Die Kotgenotypisierung gilt als eine verlässliche Methode für die Ermittlung von Wildtierdichten. Da sie aber sehr personal- und kostenaufwändig ist, eignet sie sich kaum als Methode für die jährliche Erfassung der Rotwildpopulation im Böhmerwald. Die Befunde der Kotgenotypisierung sollen genutzt werden, um die Ergebnisse anderer Methoden (z. B. des Fotofallenmonitorings) zu kalibrieren.
Fotofallenmonitoring

Übersichtskarte: Kamerastandorte im Projektgebiet (© Rotwildprojekt)
Installation einer Fotofalle
Die Bildergalerie zeigt Schritt für Schritt das Aufstellen einer Fotofalle.
Zählung aus der Luft

Übersichtskarte: Überfliegung des Projektgebietes (© Rotwildprojekt)
Aus der Luft lassen sich aufgrund von dichter Vegetation, durch die weder die Echtbild- noch die Infrarotkamera „hindurchblicken“ kann, oftmals nicht alle überflogenen Tiere erfassen. Die mit Telemetriehalsbändern ausgestatteten Tiere (siehe Methode GPS-Telemetrie) bieten in dem vorliegenden Projekt jedoch eine Möglichkeit, diesen Fehler grob abzuschätzen. Mithilfe der Erfassungsrate der markierten Tiere, deren Position zum Zeitpunkt der Überfliegung bekannt ist, sollen die Ergebnisse der Luftzählung evaluiert werden. Dies ermöglicht eine Abschätzung der Anzahl der Tiere in dem überflogenen Bereich.
GPS-Telemetrie

Anbringen der Telemetriehalsbänder (© Christian Zehner)
Interner Bereich