Portfolio unterschiedlicher Bejagungsformen

Die Ansitzjagd und Pirsch reichen als ausschließliche Bejagungsformen zur Reduktion und Regulation der Schwarzwildbestände nicht aus. Es ist wichtig, das gesamte Portfolio der möglichen Bejagungsformen konsequent zu nutzen. Dazu zählen insbesondere revierübergreifende Bewegungsjagden. Jede Bejagungsform hat Vor- und Nachteile, deren Kenntnis wichtig ist.

Bewegungsjagd

Treiber im verschneiten WaldZoombild vorhanden

© Janko, C.

Unter dem Sammelbegriff "Bewegungsjagd" lassen sich generell alle Bejagungsformen zusammenfassen (Drückjagd, Riegeljagd, Stöberjagd, Treibjagd), bei denen Wildtiere zum Zwecke ihrer Erbeutung "mobilisiert" werden. Neben den Schützen, die bei Bewegungsjagden auf Schalenwild, an oder auf fixierten Ständen positioniert werden, sind dabei (in unterschiedlicher Anzahl und Zusammensetzung) Hunde, Hundeführer und/oder Treiber "mobil" im Gelände. Durch physiologische und ethologischen Anpassungsmechanismen, etwa ihrem Feindvermeidungs- oder Fluchtverhalten, können sich Wildtiere ihrer Erbeutung entziehen.

Pottensteiner Bewegungsjagdmodell

Dort, wo die Rahmenbedingungen Bewegungsjagden zulassen, sie gut geplant und mit dem notwenigen jagdpraktischen Know-how durchgeführt werden, können sie einen erheblichen Beitrag zur Reduktion der Schwarzwildbestände leisten. Der erfolgreiche Jäger nutzt aber nicht nur die unterschiedlichen Jagdformen, er setzt sinnvollerweise auch räumliche und zeitliche Schwerpunkte ("Schwerpunktbejagung", "Intervallbejagung"). So kann man auch die "Jagd auf gekreiste Sauen" als eine Sonderform der Bewegungsjagd verstehen, die die Schneelage nutzt, um Wildschweine in ihrem Tageseinstand zu lokalisieren und dann gezielt zu bejagen.

Stillstand gleich Rückschritt?

Ansitzeinrichtung verschneit im WaldZoombild vorhanden

© Janko, C.

Bewegungsjagden gehören zum anerkannten Repertoire der Bejagungsformen auf Schalenwild. Vielerorts wurden und werden sie erfolgreich auch als revierübergreifende Jagden durchgeführt. Dennoch stößt man in der Praxis immer wieder auf bekannte Probleme, die dazu führen können, dass Bewegungsjagden trotz des organisatorischen Aufwands ineffizient bleiben oder sogar gar nicht durchgeführt werden können.
Beispielsweise ist bekannt, dass bei revierübergreifenden Bewegungsjagden einzelne Reviere, obwohl es von der Durchführung her sinnvoll (Lage von Schwarzwildeinständen, Einwechseln von Schwarzwild) und möglich (ausreichender Abstand zu Verkehrstrassen bzw. Siedlungsbereichen) wäre, gar nicht oder nur unzureichend aktiv (z.B. lediglich durch das Absetzen der Reviergrenzen) "mitmachen".
Die Gründe dafür sind unterschiedlich.

Schwarzwildeinstände

Oft wird argumentiert, dass die eigenjagdbesitzenden Waldbesitzer (BaySF, größere Privatwaldbesitzer) die Hauptlast bei der Planung und Durchführung revierübergreifender Jagden tragen sollen, weil in "deren" Waldgebieten die potentiellen Schwarzwildeinstände seien.
Bedenkt man die Waldbesitzverteilung in Bayern, so liegt der Großteil der bayerischen Waldungen (Kleinprivatwald, kommunaler Waldbesitz) in den gemeinschaftlichen Jagdbezirken. Von der BaySF werden insgesamt nur 10% der Jagdfläche Bayerns (incl. Hochgebirge) in Regie bejagt. Außerdem ist hinreichend bekannt, dass Schwarzwildeinstände nicht nur im Wald, sondern auch in Feldgehölzen, Feldfrüchten, Schilf etc. liegen können.

Ethische Bedenken

Manche haben auch ethische Bedenken gegen Bewegungsjagden.
Aber: Die Bewegungsjagd ist jagdliches Kulturgut seit Jahrhunderten. Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass in manchen europäischen Ländern oder Regionen (z.B. in Belgien, Frankreich) die Kirrungsjagd verboten ist und von vielen Jägern als "unethisch" angesehen wird.

Jagdhandwerkliche Fähigkeiten

Eine Rolle spielt bei manchen Jägern sicherlich auch, dass jagdinfrastrukturelle Voraussetzungen oder jagdhandwerkliche Fähigkeiten nicht vorhanden oder hinreichend trainiert sind. Dazu zählen das regelmäßige Schießtraining auf bewegte Ziele, Kenntnisse zur sinnvollen Standauswahl, Drückjagdstände, wildbrethygienische Voraussetzungen zur Versorgung der Jagdstrecke, Nachsuchenorganisation etc.
Aber: Die Aus- und Fortbildung in den genannten Aspekten liegt im Eigeninteresse der Jägerschaft, wenn sie als jagdliche Profis in der Gesellschaft wahrgenommen werden wollen.

Überjagende Hunde

Ein großes Hemmnis bei revierübergreifende Bewegungsjagden stellt auch die Tatsache dar, dass nach wie vor einzelne Jagdnachbarn oder sogar Jagdbeteiligte bei revierübergreifenden Bewegungsjagden das Überjagen von Hunden über die Jagdgrenzen nicht dulden.
Aber: Dies ist beim gemeinsamen Bemühen um regulierte Schalenwildbestände nicht nachvollziehbar. Die Jagdgenossen können entsprechende "Duldungsregelungen" in den Jagdpachtverträgen genauso wie die Verpflichtung zur "aktiven" Teilnahme an revierübergreifenden Bewegungsjagden verankern.

Bejagung anderer Wildarten

Trotz der vielerorts angespannten Schwarzwildsituation verweigern einzelne Revierinhaber ihre Teilnahme an revierübergreifenden Bewegungsjagden auch deshalb, weil der Jagdnachbar andere Wildarten mitbejagt (Füchse, Rehwild oder andere Schalenwildarten im Rahmen der Abschussplanung).
Aber: Diese Argumentation erscheint fragwürdig, da grundsätzlich der jeweilige Jagdrechtsinhaber im Rahmen des Jagdrechts und des Abschussplanes auch andere (Schalen-)Wildarten frei geben darf, ohne dass sein Jagdnachbar ihm diesbezüglich Auflagen macht.
Es ist in aller Regel sinnvoll, auch andere Schalenwildarten mit zu bejagen, da die vorkommenden Wildarten kaum selektiv beunruhigt werden können. Die Beunruhigung der Wildarten im bejagten Gebiet und der Aufwand für die Durchführung rechtfertigen nicht, mehrere Bewegungsjagden auf unterschiedliche "Zielwildarten" im gleichen Gebiet durchzuführen.
Auch andere jagdpraktische Aspekte, wie die beschränkte Ressource an brauchbaren Hunden, Hundeführern und drückjagderfahrenen Jägern, sind zu bedenken. Nicht zuletzt aber sind angepasste Schalenwildbestände bei den wiederkäuenden Arten und beim Schwarzwild ein gleichwertiges Ziel, wozu gerade effektive Bewegungsjagden maßgeblich beitragen können.

Sicherlich lassen sich noch weitere Argumente aus der Praxis finden, die die Durchführung von (revierübergreifenden) Bewegungsjagden mancherorts erschweren oder sogar ganz verhindern. Derjenige, der auf den skizzierten Argumentationslinien beharrt und sich nicht offen zeigt für die Gegenargumente, kommt nicht weiter. "Stillstand bedeutet Rückschritt".
Die rasante Vermehrung der Schwarzwildpopulation und die damit einhergehenden Probleme zwingen uns aber zum "Fortschritt". Wer also weiterkommen will, muss sich auch bei der Anwendung der Bewegungsjagd stetig weiter "bewegen"!

Brennpunkt Schwarzwild (LWF) Externer Link

Intensivierung, Optimierung und Innovation bringen uns voran

Obwohl vielerorts (revierübergreifende) Bewegungsjagden durchgeführt werden, besteht viel Potential zur Optimierung, Intensivierung und Innovation.
Dies betrifft nicht nur die "klassische" Bewegungsjagd im Herbst und Winter, sondern gleichermaßen die "Erntejagd" oder das "Kreisen" auf Schwarzwild bei Schnee. Kreatives und kompetentes Zusammenarbeiten über die Reviergrenzen hinweg ist ein Schlüssel zum Erfolg. Dabei sollte unbedingt die vorhandene Expertise in den Regionen genutzt werden.
Mit "Musterdrückjagden", die von A bis Z gemeinsam geplant, durchgeführt und analysiert werden, ist dies beispielsweise möglich. Im Rahmen des Projektes Brennpunkt Schwarzwild wurden unterschiedliche Wege zur optimierten Nutzung der Bejagungsform "Bewegungsjagd" aufgezeigt.
Gute Praxisbeispiele sollten Schule machen. Das "Pottensteiner Bewegungsjagdmodell" ist ein solches.

Pottensteiner Bewegungsjagdmodell